Zusammenfassung
Die Zeit drängt. Ohne schnell wirksame Gegenmaßnahmen werden Erderhitzung und Biodiversitätsverlust Ausmaße annehmen, welche die Lebensweise von Menschen nicht abschätzbaren Risiken aussetzen. Obwohl die Herausforderungen weiten Teilen der Bevölkerung bewusst sind, werden dringend nötige Entscheidungen aufgeschoben oder nur teilweise umgesetzt.
Eine Ursache hierfür sind fehlende Foren, in denen sich Bürger:innen mit Expert:innen austauschen und gemeinsam mögliche Szenarien und Lösungen erörtern können. Scientists for Future empfiehlt deshalb, mit geeigneten Formen von Bürger:innenversammlungen eine breite und demokratisch partizipative Beteiligung an Zukunftsgestaltung und -sicherung zu ermöglichen. Diese sollten auch unabhängig von einem Auftrag von Regierung oder Parlament initiiert werden. Wir rufen daher zu einem Gründungstreffen auf, um Planung und Durchführung einer Bürger:innenversammlung zum Thema Klima im Jahr 2021 zu ermöglichen.
Eine sorgfältige Planung ist nötig, damit die Durchführung neutral und offen geschieht. Hierfür werden einige zentrale Kriterien beschrieben
Die ganze Stellungnahme ist hier publiziert:
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Diskussionsbeiträge der Scientists for Future 5 | scientists4future.org Scientists for Future empfiehlt eine repräsentative Klima-Bürger:innenversammlung im Jahr 2021 (Version 1.1, Deutsch) Scientists for Future recommends a representative Climate Citizens’ Assembly in 2021 (Version 1.1, English translation) Gregor Hagedorn (Scientist for Future, Berlin), Stefanie Baasch (artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit, Universität Bremen), Anke Blöbaum (Otto-von-Guericke Universität Magdeburg), Heiko Brendel (Universität Passau & S4F Bingen), Judith Nora Hardt (Centre Marc Bloch, Berlin), Stefan Heiland (TU Berlin), Markus Klins- mann (S4F Stuttgart), Ellen Matthies (Otto-von-Guericke Universität Magdeburg), Andreas Pfennig (University of Liège & S4F Aachen), Christina West (S4F Darmstadt & FG Komm. Klimaschutz), Bruno Wipfler (Evalua- tionsteam Bürgerrat Demokratie), Pietro P. Altermatt, Simon Baumgarten, Melanie Bergmann, Esther Brendel, Katharina van Bronswijk, Felix Creutzig, Claus-Heinrich Daub, Lea Dohm, Stefanie Engel, Markus Feilner (Feilner IT), Christoph Glawe, Karl-Martin Hentschel, Jens Jetzkowitz (Museum für Naturkunde Berlin), Nils König, Steffen Krenzer, Helga Kromp-Kolb, Gerhard Kuhn, Sven Linow, Thomas Loew, Wolfgang Lucht, Angela Mickley, Klaus Müschen, Volker Ossenkopf-Okada, Felix F. Raulf, Kathrin Rothenberg-Elder, Jürgen Scheffran, Sebastian Schmidtlein, Ralf Seppelt, Stefan Urbat, Lorena Valdivia, Percy Vogel, Georg Wagener-Lohse, Oliver 1 Wagner, Urban Weber. Zitationsvorschlag / Suggested citation: Hagedorn, G.; Baasch, S., Blöbaum, A., Brendel, H., Hardt, J.N., Heiland, S. Klins- mann, M., Matthies, E., Pfennig, A., West, C., Wipfler, B., et al., (2021). Scientists for Future empfiehlt eine repräsentative Klima-Bürger:innenversammlung im Jahr 2021 / Scientists for Future recommends a representative Climate Citizens’ Assembly in 2021 (Version 1.1, in Deutsch/German & Englisch/English). Diskussionsbeiträge der Scientists for Future, 5, 23 pp. doi:10.5281/zenodo.4417265. (Version 1.0 was published in 2020 as Diskussionsbeiträge S4F, 4, doi:10.5281/zenodo.4311486 in German only. Version 1.1 is published both in German and English.) 1 Author roles: Hagedorn wrote the first draft, coordinated the development and is corresponding author (). Baasch, Blöbaum, Brendel, Hardt, Heiland, Klinsmann, Matthies, Pfennig, West and Wipfler (in alphabetical order) further developed the concept and text and are jointly responsible for the publication. The remaining authors (in alphabetical order) have contributed concepts, text and important improvements that are incorporated in this work. Inhaltsverzeichnis (Version 1.1, Deutsch) .............................................................................................................................. 3 Einleitung ..................................................................................................................................................... 3 Was wir wissen ........................................................................................................................................... 3 Was wir nur unzureichend wissen .......................................................................................................... 4 Was wir empfehlen .................................................................................................................................... 5 Warum wir – zeitgleich zu Beratungen über einen durch die Politik einzuberufenden Bürger:innenrat – die Vorbereitung eines zivilgesellschaftlich organisierten „Klima- Bürger:innenrats“ empfehlen ........................................................................................................... 7 Anforderungen an einen zivilgesellschaftlich organisierten „Klima-Bürger:innenrat“ ................. 8 Bürger:innen und Wissenschaftler:innen .............................................................................................. 8 (Version 1.1, English translation) ......................................................................................................... 10 Introduction ............................................................................................................................................... 10 What we know ......................................................................................................................................... 10 What we insufficiently know ................................................................................................................. 11 What we recommend .............................................................................................................................. 12 Why we recommend the preparation of a “climate citizens’ assembly” organized by civil society – at the same time as consultations on a citizens’ assembly to be convened by the politicians ........................................................................................................................................... 14 Requirements for a “Climate Citizens’ Assembly” organized by civil society .............................. 15 Citizens and scientists ............................................................................................................................. 15 Unterschriften / Signatures .................................................................................................................. 17 Quellenverzeichnis / References ........................................................................................................ 18 Diskussionsbeiträge der Scientists for Future 5 2 Scientists for Future empfiehlt eine repräsentative Klima-Bürger:innenversammlung im Jahr 2021 (Version 1.1, Deutsch) Dieser Text wurde von Mitgliedern der „Scientists for Future” verfasst und durch Kollegen und Kolleginnen hinsichtlich der wissenschaftlichen Qualität (insbesondere der Belegbarkeit von Argumenten) ausführlich geprüft. Scientists for Future (S4F) ist ein überparteilicher und überinstitutioneller Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. Scientists for Future bringt als Graswurzelbewegung den aktuellen Stand der Wissenschaft in wissenschaftlich fundierter und verständlicher Form aktiv in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein. Mehr Informationen unter: de.scientists4future.org Veröffentlicht unter CC BY-SA 4.0 Einleitung Die Zeit drängt. Ohne schnell wirksame Gegenmaßnahmen werden Erderhitzung und Biodiver- sitätsverlust Ausmaße annehmen, welche die Lebensweise von Menschen nicht abschätzbaren Risiken aussetzen. Obwohl die Herausforderungen weiten Teilen der Bevölkerung bewusst sind, werden dringend nötige Entscheidungen aufgeschoben oder nur teilweise umgesetzt. Eine Ursache hierfür sind fehlende Foren, in denen sich Bürger:innen mit Expert:innen austau- schen und gemeinsam mögliche Szenarien und Lösungen erörtern können. Scientists for Future empfiehlt deshalb, mit geeigneten Formen von Bürger:innenversammlungen eine breite und demokratisch partizipative Beteiligung an Zukunftsgestaltung und -sicherung zu ermöglichen. Diese sollten auch unabhängig von einem Auftrag von Regierung oder Parlament initiiert wer- den. Wir rufen daher zu einem Gründungstreffen auf, um Planung und Durchführung einer Bürger:innenversammlung zum Thema Klima im Jahr 2021 zu ermöglichen. Eine sorgfältige Planung ist nötig, damit die Durchführung neutral und offen geschieht. Hierfür werden einige zentrale Kriterien beschrieben. Was wir wissen Als Wissenschaftler:innen kennen wir die bisherigen Wirkungen und künftigen Risiken der 2 menschengemachten Erderhitzung und wissen, dass die verfügbare Zeit zum Handeln knapp 3 und aufgrund von Kippelement im Erdsystem schwer abzuschätzen ist. Wir kennen auch viele 4 Möglichkeiten, diese Risiken zu verringern und damit eine mögliche Katastrophe abzuwenden. 2 IPCC, 2019, McSweeney & Pearce, 2018, Lenton et al., 2019, World Economic Forum, 2020, Hagedorn et al., 2019, DKK et al., 2020, Trenberth et al., 2014, Hughes et al., 2017, Ostberg et al., 2013, Pretis et al., 2018, Hänsel et al., 2020, Clark et al., 2016, Mora et al., 2017, Steffen et al., 2018, Hauer et al., 2019 (siehe aber auch Boas et al., 2019), WHO, 2018, Wabnitz et al., 2020, Whitmore-Williams et al., 2017, Min et al., 2011, Cheng et al., 2020, Lange et al., 2020, Buth et al., 2015, Watts et al., 2020. 3 Rahmstorf, 2019, Steffen et al., 2018, Lenton et al., 2019, Luderer et al., 2018, Seppelt et al., 2014, Zelinka et al., 2020, Bjordal et al., 2020. 4 Ram et al., 2019, Wuppertal Institut, 2020, Mehr Demokratie & BürgerBegehren Klimaschutz, 2020, Schneidewind & Zahrnt, 2013, Bauer & Sterner, 2019, Tong et al., 2019, Shell, 2018, Teske et al., 2019, DNV, 2019, IRENA, 2019a, IRENA, 2019b, IRENA, 2019c, IEA, 2019, Haegel et al., 2019, Knobloch et al., 2020, Muller et al., 2017, Glanemann et al., 2020, Hänsel et al., 2020. 3 Wir wissen allerdings auch, dass der Umfang und die Umsetzungsgeschwindigkeit der bisher 5 ergriffenen Maßnahmen bei weitem noch nicht ausreicht und dass ein großes Hindernis für 6 weitergehende Maßnahmen die Schwierigkeit ist, Akzeptanz in der Bevölkerung herzustellen. Was wir nur unzureichend wissen Derzeit gibt es nur unzureichende Erkenntnisse, welche wirksamen Klimaschutzmaßnahmen von einer Bevölkerung akzeptiert werden, die sowohl über Risiken als auch über Lösungsmög- lichkeiten umfassend informiert ist. Teilaspekte der Frage können durchaus auf der Basis von methodisch gut durchgeführten Mei- nungsumfragen und Studien beantwortet werden. So ist bekannt, dass weite Teile der Gesell- 7 schaft ein Bewusstsein für die Klima- und Nachhaltigkeitskrise haben und eine grundsätzliche 8 Akzeptanz einschränkender Maßnahmen in der Bevölkerung vorhanden ist . Die Annahme, die Akzeptanz für staatliche Maßnahmen werde überwiegend vom jeweiligen Eigeninteresse be- 9 stimmt, ist hingegen wissenschaftlich nicht belegt oder wird sogar angezweifelt . Relevante Einflussfaktoren für Akzeptanz sind hingegen zum Beispiel die Anerkennung der Folgen des 10 11 Klimawandels , das Bild der Einigkeit der Wissenschaft , die Sicherheit, dass es den von Men- 12 schen verursachten Klimawandel gibt , und die wahrgenommene Wirksamkeit und Gerechtig- 13 14 keit der jeweiligen Maßnahmen . Bezüglich der CO2-Bepreisung gibt es Hinweise, dass Miss- 15 trauen hinsichtlich der zweckgebundenen Mittelverwendung ein wichtiger Einflussfaktor ist. Die Aussagekraft von Meinungsumfragen ist jedoch begrenzt. Die Ergebnisse hängen zum 16 einen stets stark von Fragestellungen und Methodik ab. Zum anderen steht den Teilneh- mer:innen meist nur wenig Zeit zur Beantwortung zur Verfügung. Und auch im Vorhinein haben Bürger:innen in ihrem Alltag nur selten ausreichend Zeit und Gelegenheit für vertiefende Diskussionen, Rückfragen und eine aktive Meinungsbildung. (Dies geht übrigens Wissenschaftler:innen außerhalb ihrer jeweiligen Spezialisierung genauso wie anderen Bürger:innen. Es fällt uns allen schwer, uns im nötigen Umfang mit den häufig komplexen Lösungsmöglichkeiten mit ihren vielfältigen gesellschaftlichen, technischen und ökonomischen Aspekten auseinanderzusetzen.) 5 Leopoldina, 2019, SRU, 2020a, Harthan et al., 2020, Höhne et al., 2020 6 Giddens, 2009, WBGU, 2011, Wiseman et al., 2013 7 Zu Klima siehe z. B. European Commission (2019); allgemein stimmen zum Beispiel 79 % (BMUB & UBA, 2017) bzw. 83 % (BMU & UBA, 2019; „voll und ganz“ und „eher“ kombiniert) der Aussage zu „Es beunruhigt mich, wenn ich daran denke, in welchen Umweltverhältnissen unsere Kinder und Enkelkinder/zukünftige Generationen wahrscheinlich leben müssen“. 8 zum Beispiel BMU & UBA, 2019, DNR, 2020 und ARD-Umfrage zu Klimapaket, 2019: https://www.presseportal.de/pm/6694/4397996 9 Kallbekken & Sælen, 2011 10 Dietz et al., 2007 11 Ding et al., 2011 12 Goldberg et al., 2020 13 Huber et al., 2020 14 Mattauch et al., 2020 15 Maestre-Andres et al., 2019 16 Siehe zum Beispiel Choi & Pak (2005). 4 Meinungsumfragen sind wertvoll – sie definieren jedoch nicht die Grenzen der politischen Handlungsmöglichkeiten. Unvertraute, aber für eine generationengerechte, nachhaltige Um- gestaltung unserer Gesellschaft möglicherweise notwendige, Maßnahmen finden des Öfteren 17 keine unmittelbare gesellschaftliche Akzeptanz. Politiker:innen und Wirtschaftsentscheider:- 18 innen schließen dann daraus, die Bürger:innen würden solche Maßnahmen grundsätzlich 19 nicht mittragen und sie befürchten des Öfteren „gelbwestenähnliche Proteste“ . Um zu verhindern, dass weiterhin nur kurzsichtige, unzureichend wirksame und kaum integrier- te Maßnahmen ergriffen werden, ist es wichtig, den Bürger:innen Raum zu geben, ihre Bedarfe und Ideen mit in den Prozess einzubringen, sich weiterzubilden, ihre Einsichten auszutauschen und miteinander zu diskutieren. Damit kann das Wissen über konkrete, häufig aber komplexe Lösungsmöglichkeiten in der breiten Bevölkerung verbessert werden. Gleichzeitig können alle Beteiligten wichtige Einsichten über Barrieren bei der Umsetzung von Lösungsmaßnahmen ge- winnen. Welche Maßnahmen würden Bürger:innen vorschlagen, wenn sie die Zeit und die Unterstüt- zung hätten, sich umfassend zu informieren und Vor- und Nachteile abzuwägen? Was wären sie bereit, mitzutragen? Wo wären sie bereit, selbst zu handeln? Welche Barrieren hindern sie am Handeln? Welche Investitionen würden sie tätigen, welche Gewohnheiten ändern, um die Klimakrise abzuwenden und einen zukunftszugewandten Gesellschafts- und Wirtschaftswan- del zu ermöglichen? Diese Fragen sind bis heute unbeantwortet. Was wir empfehlen Die Einrichtung repräsentativer und losbasierter Bürger:innenversammlungen ist eine vielver- sprechende Möglichkeit, die parlamentarische Arbeit stärker mit gesellschaftlichen Wirklich- keiten und den Werten, Befürchtungen, Hoffnungen und Lebenswelten von Bürger:innen zu 20 verflechten. Solche Versammlungen ermöglichen eine gemeinsame Meinungsbildung, die un- terschiedlichen Interessen gerecht wird und den Willen weiter Teile der Bevölkerung wider- spiegelt. Durch die Auswahl der Teilnehmer:innen nach Losverfahren mit anschließender Aus- 21 wahl nach demografischen Kriterien können Bürger:innenversammlungen die Bevölkerungs- zusammensetzung gut abbilden. Die Teilnehmer:innen können bei diesen Versammlungen zum Beispiel von unabhängigen Ex- pert:innen über den aktuellen Stand der Wissenschaft beraten werden und anschließend in kleinen Gruppen, ohne Einfluss der Expert:innen, diskutieren. Dabei werden sie von professio- nellen Moderator:innen unterstützt, die für eine faire Debatte zwischen Menschen mit unter- schiedlichen Hintergründen sorgen. In Gruppen unterschiedlicher Größe erarbeiten sie an- schließend ihre eigenen Empfehlungen. 17 Dieser Eindruck beruht auf vielfältigen Gesprächen mit Politiker:innen und wird auch in Aussagen von Politiker*innen in den Medien belegt, wie beispielsweise Ehlerding & Ismart, 2019. 18 Siehe zum Beispiel https://www.welt.de/wirtschaft/article200550670/CO2-Preis-VW- warnt-vor-Gelbwesten-Effekt.html 19 Zur Gelbwestenbewegung (Mouvement des Gilets jaunes) siehe Gallardo (2020). 20 WBGU, 2011 21 Dienel, 2002; Fishkin, 2018; Dryzek et al., 2019 5 Bürger:innenversammlungen sind keine Beschluss-, sondern Empfehlungsgremien. Sie stärken den Parlamentarismus, statt ihn zu unterlaufen. Durch ihre besondere Zusammensetzung und Verfahrensweise ermöglichen sie einen gesamtgesellschaftlichen Austausch und konstruktive Diskussionen über unterschiedliche Positionen. Ihre Empfehlungen spiegeln daher im Idealfall einen ausgewogenen Ausgleich unterschiedlicher Interessen, Werte und Meinungen wider. Es gibt viele Formen von Bürger:innenversammlungen, welche die gesellschaftliche Zusammensetzung unterschiedlich genau abbilden und in verschieden großen Gruppen und Prozessen die politische Willensbildung durch den Austausch von Informationen und 22 Argumenten fördern. So beschreibt eine Publikation der OECD zum Beispiel zwölf Modelle (englische Bezeichnungen: „Citizens' Assembly; Citizens' Jury/Panel; Consensus Conference; Planning Cell; G1000; Citizens' Council; Citizens' Dialogue; Deliberative Poll/Survey; World Wide Views; Citizens' Initiative Review; the Ostbelgien Model; and the City Observatory“). In Deutschland 23 sind insbesondere im kommunalen Bereich Modelle wie Zukunftswerkstätten , 24 Planungswerkstätten, Planungszellen oder Bürgerforen bekannt. All diese Modelle werden häufig unter dem 1980 von Jean Michel Bessette geprägten Begriff „deliberative Demokratie“ 25 eingeordnet. Solche Verfahren können der gesellschaftlichen Polarisierung und den gegenwärtigen Krisen der repräsentativen Demokratie, wie zum Beispiel geringem Vertrauen in Institutionen oder 26 wachsendem Populismus, entgegenwirken . Sie können emotionsgeladene gesellschaftliche Kontroversen aufnehmen und unter Einbeziehung des aktuellen Stands der Wissenschaft zu einem neuen Konsens beitragen. Gerade angesichts der individuellen alltäglichen Überforderungen durch die COVID-19-Pan- demie sind solche Formate besonders erstrebenswert und wichtig. Die massiven sozialen, wirt- schaftlichen und politischen Einschnitte der COVID-19-Pandemie müssen durch eine Debatte um die großen Veränderungen und Zukunftsthemen begleitet werden. In den letzten Jahren werden Bürger:innenversammlungen zunehmend auch auf nationaler 27 28 29 Ebene eingesetzt, so zum Beispiel in Irland , Frankreich , Ostbelgien und im Vereinigten 30 Königreich . Auch in Deutschland gab es 2019 bereits den ersten bundesweit durchgeführten 31 „Bürgerrat Demokratie“ . Inhaltlich ist die Klimaproblematik bei diesen nationalen Bürger:in- nenversammlungen auffällig stark vertreten (etwa in Irland, Frankreich, dem Vereinigten Kö- 32 nigreich, Schottland, Dänemark und geplant in Spanien) . 22 OECD, 2020 23 Jungk & Müllert 1991 24 Dienel, 2002 25 Besette 1980 26 Dryzek et al., 2019 27 „Citizens' Assembly“ von 2016, siehe Farrell et al. (2019) 28 Pech, 2020 29 Bürgerdialog Ostbelgien, 2020 30 Siehe zum Beispiel Wise (2020) 31 Geißel et al., 2019 32 O´Grady, 2019, Dryzek & Niemeyer, 2019 6 33 34 In Deutschland werden zunehmend die Bezeichnungen „Bürger:innenrat“ bzw. „Bürgerrat“ für geloste Bürger:innenversammlungen mit meist über 100 Teilnehmenden gängig. Im Folgen- den verwenden wir daher diese Bezeichnung. (Zum Thema siehe auch Jacobsen (2021) in Zeit Online). Warum wir – zeitgleich zu Beratungen über einen durch die Politik einzuberufenden Bürger:innenrat – die Vorbereitung eines zivilgesellschaftlich organisierten „Klima- Bürger:innenrats“ empfehlen Für das Jahr 2021 hat sich der Ältestenrat des deutschen Bundestages auf das Thema 35 „Deutschlands Rolle in der Welt“ für einen Bürger:innenrat verständigt. Für das Thema Klima konnte bisher hingegen keine Unterstützung im deutschen Bundestag gefunden werden – ob- wohl zum Beispiel die Klimakrise von den Wähler:innen als besonders bedrohlich empfunden 36 37 wird und kürzlich Klimaschutz als wichtigstes EU-Thema benannt wurde Der gesellschaftliche Druck auf den Bundestag zur Beauftragung einer solchen Versammlung 38 hat jedoch zugenommen. In einem offenen Brief an den Umweltausschuss des Bundestages fordern über 180 Organisationen (Stand Dezember 2020) einen „Bürger:innenrat schnellst- möglich für unsere dringendsten und größten gesellschaftlichen Herausforderungen einzuset- zen: die Eindämmung der Klimakatastrophe und des ökologischen Kollaps.“ Parallel läuft bis zum 17. Dezember 2020 eine von der Initiative „Klima-Mitbestimmung JETZT” initiierte Bun- 39 destags-Petition zur „Einberufung von einem bundesweiten Bürgerrat zur Klimapolitik“. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn ein vom Bundestag beauftragter Bürger:innenrat noch im Jahr 2021 zustande käme. Allerdings drängt die Zeit. Damit eine künftige Regierung bereits in der kommenden Legisla- turperiode auf grundlegende Empfehlungen der Bürger:innen zurückgreifen kann, müsste ein Bürger:innenrat seine Arbeit möglichst noch vor den Koalitionsverhandlungen zur Regierungs- bildung 2021 abgeschlossen haben. Gleichzeitig werden für die Vorbereitung eines qualitativ abgesicherten Bürger:innenrats mehrere Monate benötigt. Für den Fall, dass es in 2021 zu keiner Beauftragung durch das Parlament oder die Bundesregierung kommt, empfehlen wir – zeitgleich zu weiteren Gesprächen mit Bundestag und Regierung – einen Klima-Bürger:innenrat aus der Zivilgesellschaft heraus zu initiieren. Die Vorbereitungen hierzu müssen jetzt beginnen, bevor die Entscheidung, ob es einen von Parlament oder Regierung beauftragten Bürger:innenrat gibt, getroffen wird. Hierzu rufen wir 33 zum Beispiel Klimaneustart Berlin, 2020 34 zum Beispiel Geißel et al., 2019, Scheub, 2019 35 https://www.mehr-demokratie.de/presse/einzelansicht-pms/buergerrat-zu-deutschlands- rolle-in-der-welt-findet-komplett-online-statt/ 36 BMU & UBA, 2019 37 Suhr, 2020. Auch im Agendasetting-Prozess des geplanten Bürgerrates „Deutschlands Rolle in der Welt“ wurde das Handlungsfeld „Energie, Klima, Umwelt“ am höchsten gewichtet (= 28 Punkte,38 https://klima-rat.org/ 39 https://petition.klima-mitbestimmung.jetzt 7 als Scientists for Future die Wirtschafts-, Industrie- und Sozialverbände, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften, Stiftungen, Bewegungen und Nicht-Regierungsorganisationen zu einem Gründungstreffen auf. Um sich die Option offen zu halten, noch in der ersten Hälfte des Jahres 2021 einen zivilge- sellschaftlichen „Klima-Bürger:innenrat“ zu initiieren, sollte dieses Gründungstreffen noch 2020 stattfinden. Anforderungen an einen zivilgesellschaftlich organisierten „Klima-Bürger:innenrat“ Einem „Klima-Bürger:innenrat“ sollte als Rahmen „Deutschlands Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens“ vorgegeben werden. Bezüglich der dafür zu treffenden Maß- nahmen sollte die Versammlung hingegen völlig ergebnisoffen sein. Hierzu sollten alle im Bundestag vertretenen Parteien aufgerufen werden, einen „Klima-Bür- ger:innenrat“ mit einem politischen Mandat auszustatten. Ein solches Mandat könnte zum Bei- spiel darin bestehen, dass die Parteien sich verpflichten, die Ergebnisse der Versammlung für die eigene politische Arbeit sorgfältig und in öffentlicher Debatte zu prüfen und gegebenenfalls im Detail zu begründen, warum sie Ergebnisse nicht berücksichtigen wollen oder können. Wir empfehlen, dass die Initiator:innen die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für einen zivilgesellschaftlich organisierten „Klima-Bürger:innenrat“ schaffen, ihn jedoch nicht selbst durchführen. Es ist methodisch zwingend erforderlich, dass die Durchführung von unab- hängigen, in Bürger:innenbeteiligung erfahrenen Instituten mit hohem Qualitätsstandard orga- nisiert wird. Planung und Festlegung von Themen müssen von einem gesellschaftlich breit auf- gestellten Beirat getragen werden. Die inhaltlichen Fragen sollten von einem unabhängigen wissenschaftlichen Kuratorium anerkannter Natur-, Ingenieurs-, Geistes-, Sozial- und Wirt- schaftswissenschaftler:innen verantwortet werden. Dieses soll die fachliche Vielfalt und Breite der wissenschaftlichen Positionen abbilden. Hierzu können Wissenschaftler:innen, deren Pub- likationen strengen wissenschaftlichen Maßstäben genügen, von allen politischen Parteien, Wirtschafts-, Industrie- und Sozialverbänden, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, religi- ösen und weltanschaulichen Gemeinschaften, Stiftungen, Bewegungen und Nicht-Regierungs- organisationen vorgeschlagen werden. Besonders bedeutsam ist hier auch die Gestaltung der 40 Verfahren im Hinblick auf prozedurale Gerechtigkeit. Auch der europäische und internatio- nale Austausch mit ähnlichen Einrichtungen wird stark empfohlen. Bürger:innen und Wissenschaftler:innen Für tragfähige Lösungsstrategien zur Bewältigung der Klimakrise benötigen wir politische Aus- handlungsprozesse durch eine gut informierte Gesellschaft. Im Rahmen dieser Aushandlung muss über vielfältige Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen entschieden werden. Hierzu zählt nicht zuletzt die Aushandlung der Interessen jüngerer und älterer Menschen. Wie in der ersten 41 Stellungnahme von Scientists for Future beschrieben: „Ohne tiefgreifenden und konsequen- 40 Baasch & Blöbaum, 2017, Baasch, 2020 41 Hagedorn et al., 2019 8 ten Wandel ist [die] Zukunft [der jungen Menschen] in Gefahr.“ Sich der unterschiedlichen Be- troffenheiten und Interessen bewusst zu werden, ohne sich als Gegner zu begreifen könnte ein wesentlicher Teil des Prozesses im „Klima-Bürger:innenrat“ sein. Gleichzeitig hat Wissenschaft nur begrenzte Einsichten in die Lebenswirklichkeiten der Bür- ger:innen, ihre Werte, Hoffnungen und Befürchtungen sowie die sich daraus ergebenden indi- viduellen Abwägungen. Es geht nicht darum, Bürger:innen von vorgegebenen Lösungen zu überzeugen, sondern darum, sie zu beraten und ihnen Wissen zugänglich zu machen, damit sie eigene Entscheidungen treffen und gemeinsam Zukunft im Dialog gestalten können. Die Inter- essen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen müssen hierzu mit verschiedenen Hand- lungsoptionen und ihren Konsequenzen abgeglichen werden. Um in diesem Abstimmungsprozess das vorhandene Wissen bestmöglich zu berücksichtigen, müssen Bürger:innen und Wissenschaftler:innen in einen vertrauensvollen Dialog treten. Da- bei sollten Wissenschaftler:innen sorgfältig auf die Bürger:innen und ihre – nicht nur physi- schen – Bedürfnisse und Prioritäten hören. Hierdurch werden keine wissenschaftlichen Er- kenntnisse verändert, wohl aber Forschungsschwerpunkte verschoben, neue Handlungsoptio- nen entdeckt und vorhandene Optionen durch Berücksichtigung vernachlässigter Aspekte an- 42 ders bewertet. Und Bürger:innen sollten der Einschätzung von Wissenschaftler:innen zu Wirksamkeit, Machbarkeit, positiven und negativen Konsequenzen von Lösungen Gehör schenken. Niemandem ist gedient, wenn wir weiterhin unzureichende Maßnahmen mit ledig- lich erträumter Wirksamkeit ergreifen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung schrieb im Dezember 2020: „Wenn der demokratische Rechtsstaat die besorgniserregenden Umweltveränderungen in der politischen Auseinandersetzung häufig verdrängt und kurzfristigeren Erwägungen unterord- net, betreibt er das Gegenteil einer verantwortlichen, dem Gemeinwohl verpflichteten und zu- 43 kunftssichernden Politik.“ Es ist von zentraler Bedeutung, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen, zusammen mit Wissenschaftler:innen, Handlungsoptionen entwickeln. Sie können dabei sowohl die unter- schiedlichen Bedürfnisse und Interessen in der Gesellschaft als auch das Wissen über die Kon- sequenzen von Handlungsoptionen berücksichtigen. Ein Klima-Bürger:innenrat trägt grundle- gend dazu bei, dass durch solch einen vertrauensvollen Prozess eine über die Tagespolitik hinausreichende, langfristige Lösungsstrategie zur Bewältigung der Klimakrise gefunden wird. © Autor:innen der Scientist for Future, CC BY-SA 4.0 42 Edenhofer & Kowarsch (2015) schreiben z. B., dass neue Methoden zur wissenschaftlichen Bewertungen von Umweltpolitik, welche gesellschaftliche Nebenwirkungen iterativ einbeziehen, „zur Entwicklung deliberativer Demokratie und zur Wiederherstellung des Vertrauens in wissenschaftliche Bewertungen beitragen können“. 43 SRU, 2020b 9 Scientists for Future recommends a representative Climate Citizens’ Assembly in 2021 (Version 1.1, English translation) This text was written by members of Scientists for Future and extensively reviewed by scientific colleagues for scientific quality (especially the provability of arguments). Scientists for Future (S4F) is a non-partisan and non-institutional association of scientists who are committed to a sustainable future. As a grassroots movement, Scientists for Future actively contributes the current state of science in a scientifically sound and comprehensible form to the social debate on sustainability and securing the future. More information at: de.scientists4future.org Published under CC BY-SA 4.0 Introduction Time is pressing. Without quick and effective countermeasures, global warming and loss of biodiversity will assume proportions that expose people’s way of life to incalculable risks. Although large parts of the population are aware of the challenges, urgently needed decisions are postponed or only partially implemented. One reason for this is the lack of forums where citizens can discuss possible scenarios and solutions with experts. Therefore, Scientists for Future recommends enabling a broad and democratic participatory involvement in shaping and securing the future by appropriate forms of citizens’ assemblies. These should also be initiated independently of a mandate from government or parliament. We therefore call for a founding meeting to enable the planning and implementation of a citizens’ assembly on the topic of climate in 2021. A careful planning is necessary, so that the execution happens neutrally and openly. For this purpose, some central criteria are described. What we know 44 As scientists, we know the past effects and future risks of human-induced global warming, and we know that the time available to act is short and difficult to estimate due to tipping 45 elements in the Earth system. We also know many ways to reduce these risks and thus avert 46 potential catastrophe. However, we also know that the scope and speed of implementation 44 IPCC, 2019, McSweeney & Pearce, 2018, Lenton et al., 2019, World Economic Forum, 2020, Hagedorn et al., 2019, DKK et al., 2020, Trenberth et al., 2014, Hughes et al., 2017, Ostberg et al., 2013, Pretis et al., 2018, Hänsel et al., 2020, Clark et al., 2016, Mora et al., 2017, Steffen et al., 2018, Hauer et al., 2019 (but see also Boas et al., 2019), WHO, 2018, Wabnitz et al., 2020, Whitmore-Williams et al., 2017, Min et al., 2011, Cheng et al., 2020, Lange et al., 2020, Buth et al., 2015, Watts et al., 2020. 45 Rahmstorf, 2019, Steffen et al., 2018, Lenton et al., 2019, Luderer et al., 2018, Seppelt et al., 2014, Zelinka et al., 2020, Bjordal et al., 2020. 46 Ram et al., 2019, Wuppertal Institut, 2020, Mehr Demokratie & BürgerBegehren Klimaschutz, 2020, Schneidewind & Zahrnt, 2013, Bauer & Sterner, 2019, Tong et al., 2019, Shell, 2018, Teske et al., 2019, DNV, 2019, IRENA, 2019a, IRENA, 2019b, IRENA, 2019c, IEA, 2019, Haegel et al., 2019, Knobloch et al., 2020, Muller et al., 2017, Glanemann et al., 2020, Hänsel et al., 2020. 10 47 of the measures taken so far are far from sufficient and that a major obstacle to further 48 measures is the difficulty of gaining acceptance among the population. What we insufficiently know At present, there is insufficient knowledge, which effective climate protection measures might be accepted by a population that is fully informed about both risks and possible solutions. Partial aspects of the question can be answered based on methodically well-conducted opinion polls and studies. It is known that large sections of society are aware of the climate and 49 sustainability crisis and that there is a fundamental acceptance of restrictive measures among 50 the population. The assumption that the acceptance of governmental measures is predominantly determined by the respective self-interest, on the other hand, has not been 51 scientifically proven or is even doubted. Relevant factors influencing acceptance, on the 52 other hand, are, for example, the recognition of the consequences of climate change, the 53 54 image of unity in science, the certainty that man-made climate change exists, and the 55 perceived effectiveness and fairness of the respective measures. With regard to CO2 56 pricing, there is evidence that mistrust regarding the earmarked use of funds is an important 57 influencing factor. Opinion polls are of only limited help in clarifying this question. On the one hand, the results 58 of the surveys always depend heavily on the questions asked and the methodology used. In addition, the time available to the participants for answering the questions is usually limited. Finally, citizens rarely have sufficient time and opportunity in their everyday lives for in-depth discussions, questions and active opinion forming. (This is just as true for scientists outside their respective specializations as it is for other citizens: It is difficult for all of us to deal to the necessary extent with the often-complex possible solutions with their many social, technical and economic aspects.) Opinion polls are valuable, but they do not define the limits of political actions. Measures that are unfamiliar but may be necessary for a sustainable transformation of our society in line with 47 Leopoldina, 2019, SRU, 2020a, Harthan et al., 2020, Höhne et al., 2020 48 Giddens, 2009, WBGU, 2011, Wiseman et al., 2013 49 With respect to climate see, e. g., European Commission (2019); in general 79 % (BMUB & UBA, 2017) and 83 % (BMU & UBA, 2019; „voll und ganz“ und „eher“ combined) agree with the following statement „Es beunruhigt mich, wenn ich daran denke, in welchen Umweltverhältnissen unsere Kinder und Enkelkinder/zukünftige Generationen wahrscheinlich leben müssen“. 50 See, for example, BMU & UBA, 2019, DNR, 2020 and ARD-Umfrage zu Klimapaket, 2019: https://www.presseportal.de/pm/6694/4397996 51 Kallbekken & Sælen, 2011 52 Dietz et al., 2007 53 Ding et al., 2011 54 Goldberg et al., 2020 55 Huber et al., 2020 56 Mattauch et al., 2020 57 Maestre-Andres et al., 2019 58 See, e.g., Choi & Pak (2005). 11 59 the needs of the next generation are often not immediately accepted by society. Politicians 60 and economic decision-makers then conclude that citizens will not support such measures in 61 principle, and they often fear “yellow vest-like” protests . In order to preclude further measures that are shortsighted, insufficiently effective and hardly integrated, it is important to give citizens space to bring their needs and ideas into the process, to educate themselves, to share their insights and to discuss them with each other. In this way, knowledge of concrete, but often complex, possible solutions can be increased among the population at large. At the same time, all those involved can gain important insights into the barriers to implementing solutions. What measures would citizens propose if they had the time and support to inform themselves comprehensively and weigh up the pros and cons? What would they be prepared to support? Where would they be willing to act themselves? What barriers prevent them from acting? Which investments would they make? Which habits would they change, in order to avert the climate crisis and enable a future-oriented change in society and the economy? These questions are still unanswered. What we recommend The establishment of representative and loose-based citizens’ assemblies is a promising way of linking parliamentary work more closely with social realities and values, concerns, hopes, and 62 lifestyles of citizens. Such assemblies enable a common opinion to be formed that does justice to different interests and reflects the will of large sections of the population. By selecting 63 participants by lot, followed by selection according to demographic criteria, citizens’ assemblies can reflect the composition of the population well. At these meetings, for example, participants can be advised by independent experts on the current state of science and then discuss it in small groups without the influence of the experts. They are supported by professional moderators, who ensure a fair debate between people with different backgrounds. They then work out their own recommendations in groups of various sizes. Citizens’ assemblies are not decision-making bodies, but recommendation bodies. They strengthen parliamentarism instead of undermining it. Through their special composition and procedures, they enable an exchange of views across society and constructive discussions about different positions. Ideally, their recommendations therefore reflect a balance of different interests, values and opinions. There are many forms of citizens’ assemblies, which reflect the composition of society with varying degrees of accuracy and promote political decision-making through the exchange of 59 This impression is based on many discussions with politicians; it can also be found in statements by politicians made in the media, see, e.g., Ehlerding & Ismart, 2019. 60 See, e.g., https://www.welt.de/wirtschaft/article200550670/CO2-Preis-VW-warnt-vor-Gelbwesten-Effekt.html 61 On the “yellow-vest-movement” (Mouvement des Gilets jaunes) see Gallardo (2020). 62 WBGU, 2011 63 Dienel, 2002; Fishkin, 2018; Dryzek et al., 2019 12 64 information and arguments in groups and processes of different sizes. An OECD publication, for example, describes twelve models (designations: “Citizens’ Assembly; Citizens’ Jury/Panel; Consensus Conference; Planning Cell; G1000; Citizens’ Council; Citizens’ Dialogue; Deliberative Poll/Survey; World Wide Views; Citizens’ Initiative Review; the East Belgium Model; and the City Observatory”). In Germany, models such as Zukunftswerkstätten (“future 65 66 workshops”) , planning workshops, “Planungszellen” or citizens’ forums are well known, especially in the municipal sector. All these models are often classified under the term 67 “deliberative democracy,” coined by Jean Michel Bessette in 1980. Such processes can counteract social polarization and the current crises of representative 68 democracy, such as low trust in institutions or growing populism. They can take up emotionally charged social controversies and contribute to a new consensus by incorporating the current state of science. Such formats are particularly desirable and important in view of the individual daily excessive demands of the COVID 19 pan-democracy. The massive social, economic, and political changes brought about by the COVID 19 pandemic must be accompanied by a debate about the major changes and issues of the future. In recent years, citizens’ assemblies have increasingly been employed at a national level, for 69 70 71 72 example in Ireland , France , eastern Belgium and the United Kingdom . In Germany, too, 73 the first nationwide “Citizens’ Democracy Assembly” (“Bürgerrat Demokratie”) was held in 2019. In terms of content, the climate issue is conspicuously strongly represented in these national citizens’ assemblies (for example in Ireland, France, United Kingdom, Scotland, 74 Denmark and planned in Spain). 75 In Germany, the terms “Bürger:innenrat” (gender-neutral form of citizens’ council/assembly) 76 or “Bürgerrat” (male form of citizens’ council/assembly) are becoming increasingly common for closed citizens’ assemblies with usually more than 100 participants. In the following, we will therefore use this term. (On this topic, see also Jacobsen (2021) in Zeit Online). 64 OECD, 2020 65 Jungk & Müllert 1991 66 Dienel, 2002 67 Besette 1980 68 Dryzek et al., 2019 69 „Citizens' Assembly“ of 2016, see Farrell et al. (2019) 70 Pech, 2020 71 Bürgerdialog Ostbelgien, 2020 72 See, e.g., Wise (2020) 73 Geißel et al., 2019 74 O´Grady, 2019, Dryzek & Niemeyer, 2019 75 See, e.g., Klimaneustart Berlin, 2020 76 See, e.g., Geißel et al., 2019, Scheub, 2019 13 Why we recommend the preparation of a “climate citizens’ assembly” organized by civil society – at the same time as consultations on a citizens’ assembly to be convened by the politicians For 2021, the Council of Elders of the German Bundestag (lower house of parliament) has 77 agreed on the topic of “Germany’s role in the world” for a citizens’ assembly. So far, however, no support has been found in the German Bundestag for a discussion of climate issues – even 78 though, for example, voters see the climate crisis as a particularly threatening problem and 79 climate protection was recently named the number one EU topic. However, social pressure on the Bundestag to commission such an assembly has increased. In 80 an open letter to the Bundestag’s Environment Committee, more than 180 organizations (as of December 2020) are calling for a citizens’ assembly to be set up as soon as possible to address our most urgent and greatest societal challenges: stemming the climate catastrophe and ecological collapse” (translated from German). In parallel, a Bundestag petition initiated by “Klima-Mitbestimmung-JETZT” to “convene a nationwide citizens’ assembly on climate policy” 81 (translated from German) runs until December 17, 2020. It would be very welcome if a citizens’ assembly commissioned by the Bundestag were to come into being before the end of 2021. However, time is pressing. In order for a future government to be able to draw on fundamental recommendations from citizens in the coming legislative period, a citizens’ assembly would have to complete its work before the coalition negotiations for the formation of a government in 2021. At the same time, several months are required to prepare a qualitatively secure citizens’ assembly. In the event that the parliament or the federal government does not commission a citizen assembly in 2021, we recommend initiating a climate citizens’ assembly from within civil society – at the same time as further talks with the Bundestag and the government. Preparations for this must begin now, before the decision is made whether there will be a citizens’ assembly mandated by parliament or government. To this end, we, as Scientists for Future, call upon business, industrial and social associations, trade unions, employers' organizations, religious and ideological communities, foundations, movements and non- governmental organizations to hold a founding meeting. In order to keep the option open to initiate a civil society “Climate Citizens’ Assembly” in the first half of 2021, this founding meeting should still take place in 2020. 77 https://www.mehr-demokratie.de/presse/einzelansicht-pms/buergerrat-zu-deutschlands- rolle-in-der-welt-findet-komplett-online-statt/ 78 BMU & UBA, 2019 79 Suhr, 2020. Also, in the Agenda-setting-Process for the upcoming Bürgerrates „Deutschlands Rolle in der Welt“, the action field “Energy, Climate, Environment” received the most votes (= 28 points,80 https://klima-rat.org/ 81 https://petition.klima-mitbestimmung.jetzt 14 Requirements for a “Climate Citizens’ Assembly” organized by civil society The framework for a “Climate Citizens’ Assembly” should be “Germany’s contribution to compliance with the Paris Climate Agreement”. With regard to the measures for this purpose, however, the assembly should be completely open-ended. To this end, all parties represented in the Bundestag should be called upon to provide a “Climate Citizens’ Assembly” with a political mandate. Such a mandate could consist, for example, of a commitment by the parties to examine carefully the results of the assembly for their own political work in public debate and, if necessary, to explain in detail why they do not want to or cannot consider the results. We recommend that the initiators create the financial and organizational conditions for a “Climate Citizens’ Assembly”, organized by civil society. They should not organize the assembly themselves. It is methodologically imperative that independent institutes with high quality standards and experience in citizen participation implement the process. The planning and definition of topics must be supported by an advisory board with a broad social base. The content-related questions should be the responsibility of an independent scientific board of trustees of recognized natural, engineering, humanities, social and economic scientists. This board should reflect the diversity and breadth of scientific positions. Scientists whose publications meet strict scientific standards can be nominated by all political parties, industrial and social associations, trade unions, employers' organizations, religious and ideological communities, foundations, movements and non-governmental organizations. Of particular 82 importance is the design of the procedures with regard to procedural fairness. European and international exchange with similar institutions is also strongly recommended. Citizens and scientists For viable solution strategies to tackle the climate crisis, we need political negotiation processes by a well-informed society. Within the framework of these negotiations, decisions must be made on a wide range of questions of justice and distribution. This includes, not least, the negotiation of the interests of younger and older people. As described in the first Scientists 83 for Future statement , “Without profound and consequential change, [the] future [of young people] is at risk.” Awareness of different concerns and interests, without seeing oneself as an adversary could be an essential part of the process in the “Climate Citizens Assembly”. At the same time, science has only limited insights into the realities of citizens’ lives, their values, hopes, and concerns, and the resulting individual trade-offs. It is not about convincing citizens of predetermined solutions, but about advising them and making knowledge accessible to them so that they can make their own decisions and shape the future together in dialogue. To this end, the interests of different social groups must be reconciled with various options for action and their consequences. 82 Baasch & Blöbaum, 2017, Baasch, 2020 83 Hagedorn et al., 2019 15 In order to consider the available knowledge in the best possible way in this coordination process, citizens and scientists must enter into a trusting dialogue. Scientists should listen carefully to citizens and their – not only physical – needs and priorities. This will not change scientific knowledge, but will shift research focus, discover new options for action, and re- 84 evaluate existing options by considering neglected aspects. In addition, citizens should listen to scientists’ assessments of the effectiveness, feasibility, positive and negative consequences of solutions. No one is served if we continue to adopt inadequate measures with only dreamed- up effectiveness. In December 2020, the German government's Council of Experts on the Environment (SRU) wrote "If the democratic constitutional state frequently suppresses the worrying environmental changes in the political debate and subordinates them to more short-term considerations, it is pursuing the opposite of a responsible policy that is committed to the 85 common good and safeguards the future." It is essential that different groups in society, together with scientists, develop options for action. In doing so, they can take into account the different needs and interests in society as well as the knowledge about the consequences of options for action. A „Climate Citizens’ Assembly” contributes fundamentally that, through such a trusting process, a long-term solution strategy for overcoming the climate crisis is found that goes beyond day-to-day politics. © Authors of Scientist for Future, CC BY-SA 4.0 84 Edenhofer & Kowarsch (2015) state that new methods for the scientific assessment of environmental policies, which iteratively include societal side effects, may “contribute to the development of a deliberative democracy and to the reestab- lishment of trust in scientific assessments“. 85 SRU, 2020b 16 Unterschriften / Signatures (GERMAN:) Bei diesen Unterschriften handelt es sich nicht um eine breite Unterschriftensammlung aller Scientists for Future, sondern um ausgewählte Bestätigungen dieser Empfehlung aus Beirat, Fach- und Regionalgruppen. (ENGLISH:) These signatures are not a broad collection of signatures from all Scientists for Future, but selected endorsements of this recommendation from the advisory board, technical groups, and regional groups. Prof. Dr. h. c. Jutta Allmendinger Dr. Maria Hörhold Prof. Dr. Hermann Ott Ramon Arndt Leonard Hülsmann M. Sc. Franziska Pausch M. Sc. Paula Aschenbrenner Prof. Dr. Jonathan Jeschke Prof. Dr. Stefan Rahmstorf Prof. Dr. Dirk Baecker Apl. Prof. Dr. Ulrike Jordan Dr. Martin Ruff Thorben Beckert Dr. Gerald Jurasinski Fritz Santjer Alexander Basse Dr. Stephan Juricke Dr. Janin Schaffer Sebastian Bauer Prof. Dr. Florian Kapmeier Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer Prof. Dr. Jelle Bijma Prof. Dr. Marian Kazda Prof. Dr. Jürgen Scheffran Dieter Braun Martin Keller Michael Schimp Prof. Dr. Raimund Brotsack Prof. Dr. Claudia Kemfert Prof. Dr. Christoph Schneider Dipl.-Ing. Claudia Burau Dr. Peter Klafka Dr. Michael Schön Dr. Michael Czisch Prof. Dr. Silja Klepp Christoph Schönherr Dr. J. Daniel Dahm Prof. Dr. Andreas Knie Dr. Ing. Heide Schuster Norbert Dichter Dr. Lars Knutzen Dr. Cecilia Scorza Dr. Katharina Dietrich Dr. Arnulf Köhncke M. Sc. Miriam Seifert Prof. Dr. Udo Dietrich Thomas Korbun Dr. Thomas Seifert Dr. rer. nat. Hartmut Ehmler Susanne Kraft Prof. Dr. Victor Smetacek Prof. Dr. Felix Ekardt Prof. Dr. Harald Krause Dr. Gudrun Spahn-Skrotzki Dr. Terenzio Facchinetti Dr. Stefan Kruijer Prof. Uli Spindler Prof. Dr. Gisbert Fanselow Prof. Dr. Michael Kühl Dr. Bernhard Steinberger Prof. Dr. Joachim Fensterle PD Dr. Susanne Kühl Ina Stevens Prof. Dr. Manfred Fischedick Dr. Rainer Land Prof. Dr. Katharina Theis-Bröhl Dr. Maria Gaudig David Langer Prof. Dr. Katja Tielbörger Dr. Helmut Gaus Prof. Dr. Reinhold Leinfelder Josephine Tröger M. Sc. Jonas Geisler Prof. Dr. Harald Lesch Dr. D. h. c. Manuela Troschke Dr. Christoph Gerhards Prof. Dr. Clemens Leonhard Prof. Mario Tvrtković Prof. Dr. Rainer Grießhammer M.Sc. Yangyang Liu Dr. Georg Sebastian Völker Dr. Hannes Grobe Dr. Matthias Lohr Dr. Patrick Vrancken Prof. Dr. Axel Groß Dr. Wolfgang Lührsen Prof. Eicke R. Weber Gabriele Harrer-Puchner Christian Masurenko Dr. Ewald Weber Dr. Nicole Hartmann Dr. Carola Meyer Prof. Dr. Ernst Ulrich von Dr. Angela Helbling Dr. Mareen Möller Weizsäcker Prof. Dr. Peter Hennicke Raphael Moser Dr. Alok Daniel Weßel Prof. Dr. Frank Hergert Prof. Dr. Stefan Müller Dr. Matthias Wietz Dr. Laura Herzog Dr. Constantin von Nicolai Dr. Diana Zeller Prof. Dr. Christian von Dr. Samuel Nietzer Hirschhausen Franz Ossing 17 Quellenverzeichnis / References (ʘ = Open Access, 🔒 = Closed Access) Boas, I., Farbotko, C., Adams, H., Sterly, H., Bush, S., van der Geest, K., Wiegel, H., Ashraf, H., Baldwin, Baasch, S. (2020). 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