Ahrtal: Nach der Flut Potenzial für eine zukünftige Modellregion

Schneller und nachhaltiger Ausbau der Energie-Infrastruktur

01.10.2021 | Die Bewohner:innen der verwüsteten Ahrtal-Region brauchen schnellstmöglich wieder eine langfristig gesicherte Energieversorgung. Wissenschaftler aus dem Umfeld der Scientists for Future (S4F) haben jetzt ein Konzept entwickelt, wie sich ein schneller Wiederaufbau wirtschaftlich und nachhaltig gestalten lässt.

Die Flutkatastrophe vom Juli zeigte, dass die Klimakrise auch in Deutschland angekommen ist. Ein Wiederaufbau der verwüsteten Regionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen muss also darauf abzielen, in 5 bis 10 Jahren fossile Energieversorgung überflüssig zu machen und eine Elektrizitäts- und Wärmeversorgung aufzubauen, die sowohl nachhaltig als auch widerstandsfähig gegen die zukünftig häufiger zu erwartenden Extremwetterlagen ist. „Die Neugestaltung der Energiestruktur in den Flutgebieten kann deutschlandweit Modellcharakter haben“, sagt S4F-Mitglied und Energiewissenschaftler Urban Weber von der TU Bingen. „Wir skizzieren, wie der Verzicht auf fossile Energieträger und deren vollständiger Ersatz durch Erneuerbare Energien in zwei Stufen bis 2030 vor sich gehen kann.“

Bei Erreichen der ersten Stufe bis 2027 kann im Jahr so viel Elektrizität in der Region erneuerbar erzeugt werden, wie im Jahr auch verbraucht wird. Im zweiten Schritt bis 2030 kann eine kontinuierliche Versorgung mit erneuerbaren Energien gewährleistet werden. Da auch die städtische und regionale Infrastruktur zerstört ist, kann deren Wiederaufbau zusammen mit der Neugestaltung der Energieversorgung geschehen. Scientist for Future-Mitglied Mario Tvrtković, Architekt und Stadtplaner an der Hochschule Coburg, stellt fest: „Der Wiederaufbau in der Katastrophenregion erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der das gesamte Umfeld von Wohnen, Arbeiten und Mobilität berücksichtigt. Energetische Gebäudesanierung, kombiniert mit nachhaltiger Wärmeversorgung, ist einer der Schlüssel.“ Wo immer dies aufgrund der Siedlungsstruktur und erschließbarer Wärmequellen möglich ist, sind daher Wärmenetze anzustreben.

Stadt-, Regional- und Energieplanung hängen also eng zusammen. Sie betreffen direkt das Leben der Bevölkerung, denn sie entscheiden über die Lebensqualität im öffentlichen Raum. Die Autoren empfehlen daher die Einrichtung eines partizipativ und kooperativ angelegten Projekts, das den Kreis Ahrweiler auf dem Weg hin zu 100% Erneuerbaren Energien durch technische Beratung und wissenschaftliche Begleitung unterstützt und im Dialog mit den Menschen vor Ort erfolgt.

Das vorgelegte Impulskonzept findet breite Unterstützung. Der Umwelt-Fachausschuss des Kreises Ahrweiler hat auf Basis dieses Konzepts beschlossen, eine Projektgruppe „Energiebewusstes Bauen und Nutzung regenerativer Energien im Ahrtal“ einzurichten. Deutschlands Regionen müssen sich auf die Klimakrise einstellen. Der Wiederaufbau des Ahrtals kann dafür zu einem Modell werden.

Die vollständige Studie findet sich hier: „Impulskonzept für den Wiederaufbau:
Aus Ahrtal wird SolAHRtal
“, https://energiewende-2030.de/wp-content/uploads/2021/09/Impulskonzept-fuer-den-Wiederaufbau-Ahrtal-V1.1c.pdf

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Urban Weber, Technische Hochschule Bingen, Scientists for Future (Regionalgruppe Bingen und Fachgruppe Energie),

Prof. Mario Tvrtković, Architekt und Stadtplaner, Hochschule Coburg, Scientists for Future (Regionalgruppe Köln / Bonn),




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