Kurzimpuls –
Perspektiven auf
negative CO2-Emissionen
(Version 1.0, Deutsch, 12. Dez. 2022)
Autor:innen: Sven Linow (Hochschule Darmstadt, korrespondierender Autor, sven.linow[@]h-da.de), Jelle Bijma (Alfred-Wegener-Institut), Christoph Gerhards (GICON-Großmann Ingenieur Consult GmbH), Thomas Hickler (Senckenberg BiK-F), Claudia Kammann (Hochschule Geisenheim), Felix Reichelt (DUENE e. V. / Greifswald Moor Centrum), Jürgen Scheffran (Universität Hamburg)
Zitationsvorschlag / Suggested citation: Linow, S., Bijma, J., Gerhards, C., Hickler, T., Kammann, C., Reichelt, F., Scheffran, J. (2022). Kurzimpuls – Perspektiven auf negative CO₂-Emissionen. Diskussionsbeiträge der Scientists for Future 12, 19 Seiten. doi:10.5281/zenodo.7392348
- Motivation
- Der Stopp der Emission aller Treibhausgase ist unabdingbar
- Sind negative Emissionen notwendig und wenn ja, ab wann?
- Woran erkennen wir geeignete Methoden für negative Emissionen?
- Wer ist dafür zuständig?
- Welche Möglichkeiten für negative Emissionen kennen wir?
- Was kosten diese Verfahren?
- Wann können wir mit negativen Emissionen im großen Stil beginnen?
- Was können wir hier bei uns umsetzen?
- Entscheiden
- Literatur
Motivation
Der Begriff „negative Emission“ bezeichnet das aktive Entfernen von Kohlendioxid aus der Atmosphäre und das langfristige Speichern des Kohlendioxids oder des darin enthaltenen Kohlenstoffes, um den Treibhauseffekt und damit die Erderwärmung zu begrenzen.
Negative Emissionen von Kohlendioxid sind wesentlicher Teil nahezu aller Szenarien, mit denen die Pariser Klimaziele noch erreicht werden können, und sie sind in vielen Zusagen der Nationalstaaten enthalten – auch der Europäischen Union und Deutschlands (IPCC WG III, 2022, Erlach et al., 2022, Bundes-Klimaschutzgesetz 2021). Die benötigte negative Emission ist über sehr viele Jahre hinweg absehbar beeindruckend hoch, konkrete Werte hängen davon ab, wie schnell es uns global gelingt weitere Emissionen von Treibhausgasen zu verringern.
Obwohl sich die Staatengemeinschaft darauf geeinigt hat, die globale Erwär-
mung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, laufen die aktuellen Zusagen der Staaten, ihre Emissionen zu verringern, auf etwa 3 Grad Erwärmung hinaus (climateactiontracker.org). Die Vermutung, dass negative Emissionen zukünftig einfach und ohne große Kosten oder Aufwand alle Klimaprobleme lösen, kann im schlimmsten Fall als Begründung genutzt werden, die Emission von Treibhausgasen noch weniger oder gar nicht zu verringern.
In diesem Kurzimpuls geben wir unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Veröffentlichungen Antworten zu den Fragen „ist das notwendig?“, „welche Methoden sind geeignet?“, sowie „wann und wie sollten wir damit beginnen?“ Dazu versuchen wir einen Eindruck von der Größenordnung und den technischen Herausforderungen bei der Umsetzung negativer Emissionen zu vermitteln.
Dieser Beitrag ist das Ergebnis einer umfangreichen Diskussion zu negativen Emissionen. Er wendet sich bewusst an Politik und die breite Öffentlichkeit. Im Vordergrund stehen daher Aspekte zu konkreten Handlungen und zu Entscheidungen.
Der Stopp der Emission aller Treibhausgase ist unabdingbar
Unabhängig jeglicher Diskussion über die Notwendigkeit negativer Emissionen müssen wir heute mit großer Geschwindigkeit und Ernsthaftigkeit alles unternehmen, um unsere Emissionen von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen unverzüglich zu minimieren (wissenschaftlich IPCC WG I, 2021, siehe auch vereinfachte Erläuterungen bei Nelles & Serrer, 2018).
Um es einfach darzustellen: Es ist nicht sinnvoll, dass wir das aus der Badewanne in großer Menge überströmende Wasser aufwischen, während wir den Wasserhahn weiter aufdrehen. Besser drehen wir jetzt ganz schnell den Hahn zu und fangen gleichzeitig mit dem Aufwischen an: Aufwischen symbolisiert negative Emissionen und diese sind kein Argument für weitere Emissionen. Sie können keine zusätzlichen Emissionen oder langsameres Handeln rechtfertigen. Es ist viel zu aufwändig, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen, um auf diesem Wege unsere heutigen oder zukünftigen Emissionen zu begrenzen (IPCC WG III, 2022).
Emissionsreduktion (den Wasserhahn zudrehen) ist über weite Bereiche ausgesprochen kostengünstig und sofort umsetzbar, während sich Technologien für negative Emissionen (das Wasser aufwischen) z. T. noch im frühen Entwicklungsstadium befinden: Einerseits ist unklar, ab wann sie in der benötigten Größenordnung umgesetzt werden können. Andererseits kennen wir bereits die dafür notwendigen immensen Energiekosten (Babacan et al., 2020) oder den sehr hohen Landverbrauch. Fossile Energieträger müssen wir daher dort lassen, wo sie sind: tief im Erdboden.
Heutige Emissionen mit der Möglichkeit künftiger negativer Emissionen weiterhin zu erlauben, versucht die dringend anstehende Problemlösung in eine ungewisse Zukunft zu verlagern. Alle zukünftigen Generationen werden durch unsere heutigen Emissionen voll belastet, da die für negative Emissionen notwendige Energie und Ressourcen nicht abgeschrieben werden können (Stern et al., 2022).
Wir benötigen klar getrennte Ziele und quantifizierte, mit Zeitplänen versehene, nachprüfbare Strategien einerseits für die Reduktion von Emissionen aus fossilen Brennstoffen, sowie auch aus der Landwirtschaft, der Metallurgie und der Zementindustrie, aus Kältemitteln und Aluminiumverhüttung (um die wichtigen zu benennen), und andererseits für reale negative Emissionen. Diese beiden Ziele dürfen nicht gegenseitig anrechenbar sein.
Sind negative Emissionen notwendig und wenn ja, ab wann?
Um das Badewannenbild noch einmal zu bemühen: Das Badezimmer steht bereits ziemlich hoch unter Wasser und der Wasserspiegel steigt schnell: Die aktuelle Kohlendioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre gab es zuletzt vor etwa 30 Millionen Jahren am Ende einer Heißzeit. Eigentlich schwankt die Kohlendioxidkonzentration zwischen 180 ppm (Eiszeit) und 280 ppm (Warmzeit dazwischen). Seit dem Jahr 1750 stieg die CO2-Konzentration zunächst vergleichsweise langsam und stetig von 280 ppm auf 300 ppm im Jahr 1950 an. Seitdem erfolgte ein rasanter, sich beschleunigender Anstieg auf 421 ppm im Jahr 2022. Aktuell kommen im Jahr ca. 2,6 ppm Erhöhung dazu. Diese Erhöhung um 2,6 ppm pro Jahr wird durch eine Netto-Emission von jährlich etwa 40 Gt (Gigatonnen, Gt) Kohlendioxid verursacht (IPCC WG I 2021, Gilfillian et al., 2020), sowie durch weitere technische Treibhausgase.
Durch die ansteigende Konzentration von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen erwärmt sich das Erdklima erst einmal etwa linear mit der Konzentration. Gleichzeitig verschieben sich Bedingungen für einige Systeme der Erde, die dann plötzlich – bei Erreichen von einem Kipppunkt – in einen ganz neuen Zustand übergehen.
Einige Kipppunkte im System Erde haben wir bereits angestoßen oder können deren Überschreitung aus jetziger Sicht nicht mehr verhindern (IPCC WG I 2021, McKay et al., 2022): Von großer Aktualität ist die nachlassende Stabilität des grönländischen und des westantarktischen Eises. Dabei ist die wissenschaftliche Frage, ob die beobachteten Veränderungen bereits das Überschreiten der Stabilitätsgrenze anzeigen.
Wie schnell der damit verbundene Meeresspiegelanstieg von etwa 12 m dann abläuft, hängt auch von unserer Minderung von Treibhausgas-Emissionen (McKay et al., 2022, IPCC WG I, 2021) ab.
Wir verlieren unsere natürlichen Kohlenstoffsenken. Große Teile der Regenwälder am Amazonas können verloren gehen, da ihre fortschreitende Abholzung die Niederschläge reduziert und so die Grundlage für den tropischen Regenwald zerstört (McKay et al., 2022, IPCC WG I, 2021). Insgesamt sind Wälder keine verlässlichen Speicher für Kohlenstoff mehr, denn sie sind schon heute durch Landnutzungsänderungen (Abholzen), Erschließung für die Förderung fossiler Rohstoffe (Kongo) und den Klimawandel in vielen Regionen der Erde stark gefährdet. Klimawandel führt zu mehr und stärkeren Dürren und damit öfter zu heftigen Waldbränden. Nahezu alle Waldregionen wandeln sich aktuell oder in absehbarer Zeit von heutigen CO2-Senken zumindest großräumig in CO2-Quellen.
Permafrost taut, dadurch wird der dort gespeicherte Kohlenstoff für Mikroorganismen zugänglich, die ihn dann schnell in die Treibhausgase Kohlendioxid und Methan umwandeln und so freisetzen (McKay et al., 2022). Weitere Kipppunkte sind absehbar, wie die beobachtete langsame Abschwächung des Golfstroms (als Teil der Atlantic Meridional Overturning Circulation), der Verlust des Meereises in der Arktis und die damit ausgelöste Erwärmung und Emissionen aus heute stabilen Lagerstätten von Methan und organischem Material (vorrangig aus Permafrost unterhalb des Meeres und in angrenzenden Regionen, Lenton et al., 2019, IPCC WG I, 2021).
Höhere Temperatur führt in den meisten Fällen zu mehr Treibhausgasemission aus natürlichen Systemen. Jede weitere Erwärmung bringt uns durch z. B. die eben beschriebenen Rückkopplungen im System Erde dichter an einen point of no return, bei dem das Erdklima langfristig in einen neuen, heißen Zustand übergeht, so dass einige Regionen für uns Menschen unbewohnbar werden und in vielen Regionen wirtschaftliche Grundlagen verschwinden (Steffen et al., 2018, McKay et al., 2022).
Größenordnung der negativen Emissionen. Die aktuellen, durch unsere Treibhausgasemissionen verursachten Klimaänderungen zeigen, dass das System Erde seiner naturgesetzlichen Dynamik folgt und einen neuen Zustand anstrebt, der für uns Menschen und unser Leben langfristig gefährlich ist. Daher ist die sehr schnelle Reduktion aller Treibhausgasemissionen (s. o.) absolut notwendig. In den Szenarien des IPCC, nach denen die Pariser Klimaziele noch erreicht werden könnten, ist heute schon vorgesehen, dass wir neben dieser raschen Emissionsreduktion bereits bis zum Jahr 2050 zusätzlich substanzielle jährliche negative Emissionen benötigen, um die kaum vermeidbare Emission anderer Treibhausgase zu kompensieren. Genaue Zahlen hängen davon ab, wie schnell es in den nächsten Jahren gelingt, die Emission von Kohlendioxid aus fossilen Quellen (und anderen Treibhausgasen) abzustellen. Es sind absehbar mehr als 10 Milliarden Tonnen (Gigatonnen, Gt) bis zum Jahr 2050, die zusätzlich zu den natürlichen Prozessen von uns mit technischen Mitteln aus der Atmosphäre entnommen werden müssen, und bis zum Jahr 2100 eine Größenordnung[1] von 1000 Gt. Zum Vergleich: die aktuellen globalen Kohlendioxid-Emissionen betragen etwa 40 Gt pro Jahr, zu denen Deutschland mit jährlich etwa 0,7 Gt pro Jahr beiträgt (IPCC WG III, 2022, Gilfillian et al., 2020).
Die Mengen, über die wir hier sprechen, sind sehr groß und schwer vorstellbar. Die oben erwähnten 1000 Gt an Kohlendioxid entsprechen, gleichmäßig verteilt auf alle heute lebenden Menschen, 125 t Kohlendioxid pro Kopf. Berücksichtigen wir nur den Kohlenstoff aus dieser Gasmasse, so entspricht dies 34 t. Diese Kohlenstoffmasse von je zwei Menschen ergäbe die Ladung eines vierachsigen Eisenbahn-Waggons für Schüttgut[2].
Die benötigte Größenordnung an negativen Emissionen von 1000 Gt Kohlendioxid noch in diesem Jahrhundert entspricht etwa ⅔ der gesamten historischen Emissionen aus dem bisherigen Verbrennen von fossilen Brennstoffen. Wir müssten also in den nächsten 75 Jahren etwa ⅔ unserer historischen Emissionen seit dem Jahr 1950 wieder rückgängig machen, sowie alle Emissionen, die wir uns ab jetzt noch erlauben.
Tatsächlich kann diese Aufgabe noch deutlich größer sein. Um das Klima in einem für die meisten unserer Zivilisationen guten Temperaturbereich und den Meeresspiegel zu stabilisieren, wäre es am besten (wenn auch schwierig), das vorindustrielle Niveau an Temperatur und Treibhausgas-Konzentrationen anzustreben. Um das umzusetzen, müssten wir die zwischenzeitlichen Verluste an Reflektivität durch Meereis und Gletscher ausgleichen: Sauberes Eis reflektiert Sonnenlicht sehr gut, verschmutzte oder nasse Eiskappen und Gletscher absorbieren viel mehr Wärme, und freier Ozean absorbiert fast die gesamte solare Einstrahlung.
Unabhängig davon müssen wir die Wirkung weiterer stark wirksamer Treibhausgase, die gerade in relevanten Mengen freigesetzt werden (Methan und Lachgas, Kältemittel wie R134a und R410, SF6 usw.), durch zusätzliche negative Emissionen von Kohlendioxid auffangen. Wenn heute der Begriff der Treibhausgasneutralität verwendet wird, die in der EU bis 2050 erzielt werden soll, dann sind damit zwangsläufig negative Emissionen verbunden: Die auch nach 2050 stattfindende Emission von diesen anderen Treibhausgasen muss dann über die Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre ausgeglichen werden.
Es sind also negative Emissionen in einer gigantischen Größenordnung und über lange Zeit notwendig, um das System Erde in einen Zustand zu führen, der in einer stabilen Biosphäre allen Menschen ein gutes Leben ermöglicht: Würde man diese Menge als Kohlenstoff in Güterwagen füllen, ginge die Schlange der Waggons bereits mehr als 70-mal zum Mond und zurück. Daher ist es sinnvoll, damit so schnell wie möglich anzufangen – am besten heute.
Woran erkennen wir geeignete Methoden für negative Emissionen?
Bevor wir relevante diskutierte Möglichkeiten kurz benennen, stellen wir zuerst zentrale Kriterien zusammen, mit denen Methoden für die Umsetzung ausgewählt werden können:
Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist, dass Energie, Landfläche, Boden, Wasser und Biodiversität grundsätzlich nicht im ökonomischen Sinne abschreibbar sind. Diese Ressourcen sind daher mit großer Sorgfalt zu bewerten und zu schützen. Schon jetzt ist absehbar, dass negative Emissionen eine hohe Bürde für die Zukunft darstellen, daher ist es unsere Aufgabe darauf zu achten, dass diese Lasten die Menschen in naher Zukunft nicht erdrücken oder gar ihre Lebensumstände zerstören (Hansen et al., 2017) – im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (2021) zum Klimaschutzgesetz.
Wer ist dafür zuständig?
Aus der Nutzen- und der Ressourcen-Betrachtung folgt direkt die Antwort auf diese Frage. Das Verursacherprinzip beinhaltet die klare moralische Verpflichtung, die von uns verursachte Verschmutzung zu beseitigen. Wir sind es, die hier zuständig sind, nicht zukünftige Generationen und nicht der globale Süden (Fyson et al., 2020). Allgemeinverständlich wird diese ethische Anforderung in Nelles & Serrer (2021) „Machste dreckig – machste sauber“ diskutiert. Ein zentrales Argument folgt aus Gilfillan et al., 2020: in Europa haben wir unseren Wohlstand auf fossilen Brennstoffen aufgebaut. Jeder von uns in Deutschland trägt heute mehr als 1000 t Kohlendioxid als historische Emission für diesen Wohlstand mit sich. Dies entspricht als reiner Kohlenstoff pro Kopf 270 t oder der Ladung von mehr als vier Eisenbahnwaggons. Im Mittel trägt jeder Mensch das Äquivalent einer halben Eisenbahnwaggon-Ladung an historischer Emission mit sich (s. o.). Wir in Deutschland tragen das Achtfache, also die Ladung von vier Waggons).
Welche Möglichkeiten für negative Emissionen kennen wir?
Kohlendioxid wurde durch unsere technischen Prozesse freigesetzt, er kann durch andere technische Prozesse[3] wieder aus der Luft entnommen werden:
Das technisch abgeschiedene Kohlendioxid muss anschließend ausreichend sicher und lange gelagert werden (Carbon Capture and Storage): Dafür wird es zuerst z. B. mit Pipelines oder Schiffen transportiert und anschließend in geeigneten geologischen Lagerstätten in großer Tiefe verpresst und dort gespeichert. Aus technischen Gründen müssen die Pipelines etwa 100 bar Druck haben und für Lagerstätten wird ein Druck von 1000 bar oder mehr benötigt – Kohlendioxid ist dann eine überkritische Flüssigkeit.
Das Abscheiden von Kohlendioxid aus der Luft oder aus Abgas benötigt sehr viel Energie in Form von Elektrizität für Pumpen und Verdichter sowie als Wärme im Filterprozess. Für den Transport sowie beim Einlagern im Untergrund für das Injizieren in die Lagerstätte wird zusätzlich erhebliche Energie benötigt. Als geologische Lager werden alte Erdgas- und Erdölfelder, Vulkangestein, nicht ausgebeutete Kohleflöze, sowie sehr tiefe wasserführende Schichten diskutiert. Wichtig ist, dass das Kohlendioxid nicht wieder durch die darüber liegenden Schichten ausströmen kann und sich im besten Falle in der Lagerstätte chemisch bindet – dies begrenzt die Geschwindigkeit des Einlagerns.
Die Bilanzierung der gesamten Prozesse vom Abscheiden bis zum Einlagern des Kohlendioxids ist notwendig, um den gesamten Energiebedarf zu bestimmen: So benötigen nasschemische Prozesse für DACCS etwa so viel Energie, wie seinerzeit beim Verbrennen des fossilen Brennstoffes nutzbar gemacht werden konnte, durch den dieses Kohlendioxid in die Atmosphäre kam. Trockene Prozesse für DACCS in Kombination mit Wärmepumpen oder Solarthermie sind energetisch deutlich günstiger, aber immer noch aufwändig. Deshalb muss der Energiebedarf für negative Emissionen in Modellen für die globale zukünftige Energieversorgung berücksichtigt werden. Bei BECCS ist der energetische Aufwand typischerweise so hoch, dass die beim Verbrennen der Biomasse nutzbar gemachte Energie nahezu vollständig für das CCS benötigt wird, also kein weiterer Nutzen entsteht. Der wesentliche Hinderungsgrund für BECCS oder auch bei massiver Aufforstung (s. u.) ist jedoch immer der immense Landbedarf und die damit verbundene Landnahme, die zur Vertreibung von Bevölkerungsgruppen mit nicht ausreichend sicheren Landrechten führen kann. Aus diesen Erwägungen heraus stellen diese technischen Prozesse keine Begründung oder gar Lösung für zusätzliche Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe dar (Creutzig et al., 2021; Madhu et al., 2021).
Nicht zu den negativen Emissionen zählt die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) aus industriellen Quellen wie z. B. angedacht für die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas oder Kohle, der Verbrennung fossiler Brennstoffe, die heutigen Prozesse der Grundstoffindustrie wie Stahlwerke, Zementwerke, Aluhütten, Glasschmelzen. Dies ist eine Form der Abgasreinigung, bei der die insgesamt emittierte Menge an Kohlendioxid verringert wird (der Wasserhahn wird etwas zugedreht, es läuft aber weiter). Diese Prozesse lassen sich jedoch absehbar regenerativ umsetzen – Investitionen sind günstiger in die Dekarbonisierung als in CCS angelegt.
Die Nutzung des abgeschiedenen Kohlendioxids (Carbon Capture and Utilisation, CCU), um neue Produkte (synthetischen Brennstoff, Kunststoff, Grundstoffe der Chemie- oder Bauindustrie) herzustellen, gehört nicht zu den negativen Emissionen, wenn diese Produkte nur Wochen (Brennstoff) bis einige Jahre (Kunststoffe) das Kohlendioxid binden und es am Lebensende zurück in die Atmosphäre gelangt. Erst wenn das Kohlendioxid z. B. als Baustoff oder Kohlefaser über hundert Jahre oder mehr gespeichert wird, stellt dies eine negative Emission dar (Carbon Capture, Usage and Storage, CCUS). Noch ist nicht absehbar, ob die Kosten zur Herstellung solcher Produkte es erlauben, auf diesem Wege große Mengen (mehrere Gt pro Jahr) an Kohlendioxid zu binden.
Im System Erde transportieren zwei natürliche Kreisläufe Kohlenstoff zwischen der Atmosphäre, dem Meer, der Vegetation und dem Untergrund:
Einige Vorgänge laufen schnell, andere langsam ab. Wollen wir Kohlendioxid aus der Atmosphäre entziehen, dann müssen wir diese beiden Kreisläufe so beeinflussen, dass Kohlenstoff möglichst schnell gebunden und möglichst langsam wieder freigesetzt wird.
Möglichkeiten, den organischen Kreislauf über die Photosynthese zu verstärken, beginnen damit, dass Pflanzen das Kohlendioxid aufnehmen und durch Photosynthese in organisches Material umwandeln; dieses organische Material kann dann so gelenkt werden, dass es langfristig bestehen bleibt und damit Kohlendioxid bindet. Photosynthese nutzt nur einen ausgesprochen geringen Anteil der Energie der Sonne, und Klimawandel beeinträchtigt zunehmend die Produktivität vieler Regionen, so dass diese Methoden in ihrer Wirkung begrenzt bleiben. Alle Zahlenwerte zum Potential beruhen auf Lawrence et al., (2018), Vaugham & Lenton (2010), IPCC WG I (2021, z. B. Figure 5.36), sowie IPCC WG III (2022, z. B. Tabelle 12.6):
Alle diese Möglichkeiten stellen technische Eingriffe in Ökosysteme und natürliche Nährstoffkreisläufe dar, sie benötigen z. T. Großtechnologien für ihre Umsetzung in der benötigten Größenordnung, so dass ihre Auswirkungen kritisch bewertet werden sollten.
Diese biologischen Prozesse können damit etwa 5 Gt bis optimistisch 15 Gt Kohlendioxid pro Jahr binden. Als typische Zeitdauer, über die dieses Kohlendioxid gebunden bleibt, werden Jahrzehnte bis Jahrhunderte angegeben (IPCC WG I, 2021). Mit diesen Prozessen allein wird das Ziel der Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre deutlich zu langsam erreicht. Sie umzusetzen lohnt sich dennoch, da sie zumeist zusätzliche wichtige positive Effekte auf Biodiversität, Nährstoff- und Wasserkreislauf sowie auf lokales und globales Klima haben. Allerdings sind für ihre Umsetzung massive und großflächige Veränderungen von heutigen Nutzungsformen notwendig, wie z. B. Moore nass zu bewirtschaften, Wasserläufen durch Rückbau von Infrastruktur ihren Überflutungsraum zurückgeben, Boden aufbauende Landwirtschaft zu betreiben. Diese Umsetzung erfolgt nicht von allein, sondern benötigt passende politische Rahmenbedingungen.
Die anorganische Fixierung von Kohlenstoff basiert auf dem Lösen und Fällen von Mineralen:
Beschleunigte Verwitterung kann einige 10 Gt Kohlendioxid pro Jahr binden, wenn entsprechende Mengen an silikatischem Gestein gemahlen und ausgebracht werden. Für die Bindung von 1 t Kohlendioxid werden aufgrund der unterschiedlichen chemischen und mineralischen Zusammensetzung entweder ca. 1 t Dunit oder ca. 3 t Basalt benötigt. Das heißt, um 1 Gt Kohlendioxid zu binden, braucht es zwischen 0,4 km3 und 1,2 km3 Gestein. Silikatisches Gestein gibt es ausreichend. Begrenzend ist hier die Kombination von ausreichend lokal vorhandener erneuerbarer Energie für das Mahlen des Gesteins, sowie Abbaumöglichkeiten für geeignetes Gestein in der Nähe. Die Methode konkurriert nicht mit der Landwirtschaft um Flächen, sondern kann diese im besten Falle unterstützen.
Was kosten diese Verfahren?
In der Diskussion werden Kosten genannt, die eine große Spanne von wenigen 10 € pro t bis etwa 1000 € pro t an abgeschiedenem Kohlendioxid reichen (IPCC WG III, 2022, z. B. Tabelle 12.6). Am unteren Ende der Kostenskala befinden sich oft so genannte Aufforstungsprojekte, das obere Ende ist durch DACCS belegt (Joppa et al., 2021). Die Diskrepanz ergibt sich aus unterschiedlich vollständigen Bilanzen (welche Kosten werden externalisiert), unterschiedlichem Einsatz von nachhaltiger oder fossiler Energie für die nötigen Prozesse, unterschiedlich langer Speicherung, sowie unterschiedlicher Berücksichtigung der Risiken:
Die Entwicklung der Kostenstruktur ist stark abhängig von übernommener Verantwortung für die einzelnen Maßnahmen, von zukünftigen Kosten für Energie und Rohstoffe, sowie von langfristig zu bildenden Rückstellungen oder Verpflichtungen.
Wann können wir mit negativen Emissionen im großen Stil beginnen?
Gesteinsverwitterung (ERW), Kohlenstoffbindung in Mooren und Böden, Wälder schützen, Pflanzenkohle, Schutz von Ökosystemen der Küsten können direkt begonnen und schnell ausgeweitet werden. Wichtig ist hier die Sorgfalt bei der Einbeziehung der betroffenen Menschen und Berücksichtigung ihrer Rechte. Gleichzeitig brauchen wir eine enge Begleitung, um Fehler früh erkennen und geeignet reagieren zu können.
BECCS und DACCS können hingegen heute nicht einfach auf den notwendigen Gigatonnen-Maßstab skaliert werden. Um noch in diesem Jahrhundert, bzw. wie z. B. in Deutschland gesetzlich festgelegt bis 2050 in der benötigten Größenordnung beginnen zu können, müssen wir jetzt im großen Maßstab Anlagen (z. B. für 0,1 Gt Kohlendioxid pro Jahr) bauen, um notwendige Erfahrungen für die großtechnische Umsetzung zu sammeln. Erst dadurch wird es möglich, die heute kaum absehbaren Probleme einer realen großtechnischen Umsetzung zu erkennen und zu bewerten.
DACCS, BECCS, CCUS usw. sind echte Großtechnologien, wenn sie relevante Mengen – also ab 1 Gt im Jahr – an Kohlendioxid binden sollen. Ihre dafür notwendige Größenordnung lässt sich gut mit der heutigen Infrastruktur der Öl- und Gas-Industrie vergleichen.
Beschleunigte Verwitterung wäre vom benötigten Umfang her etwa eine Größenordnung kleiner als die heutige Baustoffindustrie und greift direkt auf dort etablierte Anlagen und Prozesse zurück. Sie ließe sich daher ausgesprochen schnell hochskalieren.
Was können wir hier bei uns umsetzen?
Von den oben beschriebenen Methoden hat die beschleunigte Verwitterung das größte Potential zur Anwendung in Deutschland. Wir verfügen über viele landwirtschaftlich genutzte Flächen und ausreichend vulkanisches Gestein z. B. im Vogelsberg. Mit der Umsetzung kann sofort begonnen werden. Hilfreich wäre jedoch, wenn der rechtliche Rahmen dafür klar definiert würde, z. B. durch Berücksichtigung in der Düngemittelverordnung (Borchers et al., 2022).
Die langfristige Speicherung ist bei organischen Verfahren nicht garantiert; dafür gibt es bei diesen Verfahren häufig wichtige Zusatznutzen (s. o.). Deshalb sind Verfahren wie die Wiedervernässung von Mooren, Humusaufbau in insbesondere landwirtschaftlich genutzten Böden, der Einsatz von Pflanzenkohle oder Aufforstung und Begrünung von Bedeutung. Selbst wenn Kohlendioxid nur über ca. 100 Jahre gespeichert wird, kann dies einen Beitrag zur Vermeidung des Überschreitens von Kipppunkten leisten.
Theoretisch könnte BECCS in Deutschland angewendet werden, jedoch würde dies eine große Infrastruktur zum Abtransport des Kohlendioxids erfordern, da heute keine geologischen Speicher in Deutschland zur Verfügung stehen und die Errichtung solcher Speicher berechtigterweise streng reguliert ist (Gesetz zur Demonstration der dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid). Diese Einschränkung gilt auch für CCS in Deutschland.
An Punktquellen wie Biomassekraftwerken oder Zementwerken kann Kohlendioxid abgeschieden und für die Produktion von Stoffen verwendet werden, die bisher aus fossilen Rohstoffen hergestelltes ersetzen. So wird in Biogas enthaltenes Kohlendioxid heute in der Lebensmittelindustrie verwendet. Da die meisten dieser Produkte Kohlendioxid nicht dauerhaft binden, handelt es sich dann nicht um negative Emissionen (s. o.).
Entscheiden
Es ist klar, dass wir uns auch hier nicht nicht-entscheiden können – also auf die Entscheidung verzichten oder sie aufschieben. Jede Entscheidung gegen eine massive, sofort beginnende, schnelle Verminderung der Emission von Treibhausgasen und jede Entscheidung gegen den Aufbau der negativen Emissionen jetzt ist zugleich eine Entscheidung für:
In Deutschland und in der EU sind erste Aktivitäten sichtbar. So erarbeitet die EU gerade einen Rahmen für belastbare Zertifikate, der die reale langfristige Bindung von Kohlenstoff im Boden oder in Mooren unterstützt (Europäisches Parlament, 2022). Dies kann die Anpassung der Landwirtschaftspolitik in Richtung auf verantwortungsbewusste und langfristig nachhaltige Nutzung zielende Wirtschaftsformen unterstützen. Die meisten heute ausgestellten Zertifikate entsprechen eher einem Ablasshandel. Nur wenige Zertifikate sind mit realer negativer Emission und Bindung des Kohlendioxids über einen geologisch relevanten Zeitraum verbunden, sondern sie basieren z. B. auf optimistischen Annahmen, bilden nur einen kurzen Abschnitt des Lebensweges ab, berücksichtigen keine relevanten Risiken, oder sie enthalten keine langfristige Sicherung des kurzfristigen Effektes. Negative Emissionen, bei denen das Kohlendioxid nachweislich über geologische Zeiträume gespeichert wird, kosten heute etwa 1000 € je Tonne Kohlendioxid für DACCS und etwa 300 € je Tonne bei Gesteinsverwitterung (Joppa et al., 2021, United Nations, 2022). zur Abschätzung der Größenordnung: wir in Deutschland emittieren pro Kopf etwa 9 t Kohlendioxid im Jahr, d. h. ein vierköpfiger Haushalt müsste zwischen 11 000 € und 36 000 € im Jahr für reale Kompensationen ausgeben.
Natürliche Ökosysteme erbringen grundlegende Leistungen für unser System Erde und für unsere Gesellschaft. Sie sind überall notwendige Habitate für biologische Vielfalt. Der Import von landwirtschaftlichen Produkten nach Deutschland erzeugt selbst starke Emissionen von Treibhausgasen; solche verlagerten Effekte sind bei nationalen Entscheidungen zu berücksichtigen (die durch die Herstellung von Produkten emittierten Treibhausgase, die mit diesen Produkten nach Deutschland importiert werden[4]). Das heißt, dass es wichtig ist, Synergien und Zielkonflikte zwischen wesentlichen Zielen zu berücksichtigen, wie landwirtschaftliche Erträge, Gewässerschutz, Klimaschutz, Hochwasserschutz und Biodiversitätsschutz. Letztendlich steht eine Neuordnung unserer mitteleuropäischen Landschaft an, um auf den Klimawandel und seine Folgen zu reagieren, Verlust der Biodiversität zu verhindern, sowie insbesondere Land- und Forstwirtschaft an die Realitäten des Klimawandels anzupassen. Diese Neuordnung kann zu all diesen Zielen beitragen.
Alle Methoden für negative Emissionen benötigen entweder einen ausreichend hohen und stabilen Preis für Kohlendioxid, der ihre Umsetzung in der benötigten Größe ermöglicht, oder wir fassen die negativen Emissionen als eine Art der Abfallversorgung in eine über Umlagen finanzierte Struktur, wobei die Umlagen dann die reale Umsetzung ermöglichen müssen. Weder Preis noch Umlage können sich an der billigsten Methode orientieren, da ein Methodenmix benötigt wird und da die Infrastrukturen erst aufgebaut werden müssen. Aufgrund der Größe der Aufgabe werden die Kosten hoch sein, und wir werden gerechte Möglichkeiten für die Finanzierung finden müssen.
Bei den technischen Lösungen fehlt heute in vielen Bereichen die Ambition für eine schnelle und großskalige Umsetzung einschließlich der benötigten regulatorischen Rahmenbedingungen. Aufgrund des Fehlens einer gezielten Forschungsstrategie von globaler Reichweite lässt sich nicht absehen, dass bereits in den nächsten Jahren erste große Anlagen (z. B. 0,1 Gt Kohlendioxid pro Jahr) unter realen Bedingungen und für einen realen langfristigen Einsatz geplant oder gar erbaut werden. Diese Entwicklung jetzt mit aller Kraft voranzutreiben, wäre die Umsetzung des Vorsorgeprinzips: Wir wissen gut, was auf uns zukommt und es erfordert angemessenes Handeln. Dies ist eine globale, sehr große und dringende Aufgabe, so dass kleine Anfänge immer als Beginn einer schnellen Lernkurve für große Umsetzungen gedacht werden müssen.
Technische Lösungen für negative Emissionen benötigen viel Energie und werden umfangreiche, wertvolle Ressourcen binden. Diese Energie und diese Ressourcen stehen dann nicht für Wachstum, für Konsum und nicht für andere Aufgaben zur Verfügung. Daher ist es notwendig, dies in relevanten Zukunftsszenarien zu berücksichtigen (Buck, 2019). Zu klären ist: Was brauchen wir jetzt und was braucht unsere Zukunft?
Wir befürworten ausdrücklich die weitere Erforschung, Entwicklung und Förderung von negativen Emissionen. Mit dem vorliegenden Text wollen wir die Möglichkeiten, Aufwände und die Grenzen negativer Emissionen aufzeigen. Unsere Schlussfolgerung ist eindeutig: Weitere Emissionen müssen durch schnelle und zielgerichtete Maßnahmen verhindert werden: wir müssen unsere Emissionen minimieren, so schnell es geht. Ergänzend sind negative Emissionen notwendig für unsere Zukunft, auch wenn sie sehr aufwändig werden.
Literatur
Babacan, O., De Causmaecker, S., Gambhir, A., Fajardy, M., Rutherford, A. M., Fantuzzi, A., Nelson, J. (2020). Assessing the feasibility of carbon dioxide mitigation options in terms of energy usage. Nature Energy, 5, 720–728. doi.org/10.1038/s41560-020-0646-1
Borchers, M., Thrän, D., Chi, Y., Dahmen, N., Dittmeyer, R., Dolch, T., Dold, C., Förster, J., Herbst, M., Heß, D., Kalhori, A., Koop-Jakobsen, K., Li, Z., Mengis, N., Reusch, T. B. H., Rhoden, I., Sachs, T., Schmidt-Hattenberger, C., Stevenson, A., Thoni, T., Jiajun Wu, Yeates, C. (2022). Scoping carbon dioxide removal options for Germany—What is their potential contribution to Net-Zero CO₂? Frontiers in Climate, 4. doi.org/10.3389/fclim.2022.810343
Buck, H. J. (2019). After Geoengineering. Climate Tragedy, Repair, and Restoration. Verso.
Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905) geändert worden ist
BVerfG – Bundesverfassungsgericht (2021). Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021, 1 BvR 2656/18, 1 BvR 96/20, 1 BvR 78/20, 1 BvR 288/20, 1 BvR 96/20, 1 BvR 78/20 (Klimaschutz). Online: www.bundesverfassungsgericht.
de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html
Creutzig, F., Erb, K.-H., Haberl, H., Hof, C., Hunsberger, C., Roe, S. (2021). Considering sustainability thresholds for BECCS in IPCC and biodiversity assessments. GCB Bioenergy, 13, 510–515. doi.org/10.1111/gcbb.12798
Erlach, B., Fuss, S., Geden, O., Glotzbach, U., Henning, M., Pittel, K., Renn, J., Rens, S., Sauer, U., Schmidt, M., Spiecker, I., Stemmler, C., Stephanos, C., Strefler, J. (2022). Was sind negative Emissionen und warum brauchen wir sie? Leopoldina, acatech, Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften. www.acatech.de/publikation/
kurz-erklaert-negative-emissionen/
Europäisches Parlament (2022). Carbon removal certification framework. www.europarl.europa
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Fyson, C. L., Baur, S., Gidden, M., Schleussner, C.-F. (2020). Fair-share carbon dioxide removal increases major emitter responsibility. Nature Climate Change, 10, 836–841. doi.org/10.1038/
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Rolle der Autor:innen: Linow hat die überwiegenden Teile des Textes geschrieben und die Beiträge der übrigen Autor:innen koordiniert. Die übrigen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführten Autor:innen haben themenspezifisch fachliche Beiträge geleistet sowie den Text im Hinblick auf Stimmigkeit und Korrektheit geprüft.
Danksagungen: Wir danken Franz Baumann (Academic Council on the United Nations System), Julius Landfester (FFF), Charlotte Streck (Universität Potsdam), Franziska Tanneberger (Universität Greifswald/Greifswald Moor Centrum) und vielen weiteren Menschen für ihre wertvollen inhaltlichen Anregungen und sprachlichen Verbesserungsvorschläge.
Schlagwörter: Klimawandel, Negative Emissionen, NET, CCS, CCUS, BECCS, DACCS, CDR
Key words: Climate Change, Negative Emission Technology, NET, Carbon Drawdown, CDR, CCS, CCUS, BECCS, DACCS
Dieser Text wurde von Wissenschaftler:innen verfasst, die sich im Rahmen der „Scientists for Future engagieren und stellt die Sichtweise der Autor:innen, nicht aber aller bei Scientists for Future aktiven Wissenschaftler:innen dar. Er wurde von unabhängigen Fachexpert:innen (sowohl aus S4F als extern) hinsichtlich seiner wissenschaftlichen Qualität und Belegbarkeit seiner Argumente positiv begutachtet. Verantwortliche Herausgeber:innen der »Diskussionsbeiträge der Scientists for Future« sind: Claus-Heinrich Daub, Kirsten von Elverfeldt, Gregor Hagedorn, Clara Herdeanu, Sven Linow, Bernhard Steinberger und Christina West. Personen die gleichzeitig Autor:innen sind, nehmen an Entscheidungen über die Veröffentlichung nicht teil.
Redaktion: G. Hagedorn. Lektorat: F. Ossing.
© S. Linow, J. Bijma, C. Gerhards, T. Hickler, C. Kammann, F. Reichelt, J. Scheffran, CC BY-SA 4.0
[1] Im Bericht der IPCC WG III (2022) werden Brutto- und Netto-Kohlenstoffströme unterschieden. Dies ist für eine detaillierte Betrachtung z.B. auf staatlicher Ebene hilfreich. Wir haben dies hier nicht übernommen, sondern geben vereinfachend immer die einzelnen (Brutto)-Ströme an, die zu einem bestimmten Prozess gehören. Häufig beziehen sich konkrete oder genauere Zahlen auf spezifische Szenarien, uns geht es hier erst einmal um eine Größenordnung, d.h. 1000 Gt können sich in der Zukunft real als 750 Gt oder 1500 Gt entwickeln.
[2] Eine Tonne Kohlendioxid enthält 0,27 t reinen Kohlenstoff und 0,73 t Sauerstoff. Reiner Kohlenstoff ist ein Feststoff (z.B. Graphit, aus dem auch Bleistiftminen bestehen).
Hier wird ein vierachsiger Hopper-Waggon zugrunde gelegt, Typ Falns, mit einer Länge über Puffer von 13,5 m. So ein Waggon kann 65 t Kohlenstoff als Graphit oder Kohle transportieren.
Für 34 t Kohlenstoff pro Kopf und 8 Milliarden Menschen sind es 272 Gt Kohlenstoff; dafür werden 4 185 000 000 Waggons benötigt, die aneinandergehängt eine Länge von 56 490 000 km ausmachen. Diese Kette reicht 73,5-mal zum Mond und zurück oder 1400-mal um den Äquator.
[3] IPCC WG III (2022) verwendet nicht diese Aufteilung, siehe Cross-Chapter Box 8, Figure 1. Ihre wichtige Begründung ist, dass wir dazu neigen, „natürliche“ Methoden zu bevorzugen – nicht zuletzt da wir dann fälschlicherweise glauben, dass dies ohne unser Zutun stattfinden wird. Unsere Sortierung möchte die Zusammenhänge auch für Nichtexperten einfach und übersichtlich machen. Gleichzeitig ist klar, dass alle Methoden in der benötigten Größenordnung massive technische Eingriffe und Prozesse darstellen, unabhängig davon, ob sie einen Eingriff in biologische Kreisläufe der Erde darstellen oder nicht.
[4] Diese Emissionen werden auch „Scope 3“ genannt.
Kontakt: Prof. Dr. Sven Linow, Hochschule Darmstadt, e-mail:
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